Das Nachtlokal

Auf der anderen Straßenseite, unserem Betrieb schräg gegenüber, führte ein junges Ehepaar eine kleine Gaststätte. Sie war sehr gemütlich eingerichtet. Mit einem Wort, man konnte sich dort wohlfühlen. Oftmals ging es in unserem Betrieb sehr Hecktisch zu. Hatten wir es dann mal wieder geschafft und wir konnten sagen: „Jetzt ist Feierabend“, suchten wir gerne dieses Lokal auf. Ein Bier und ein Kurzer, das war unser Standardgetränk. An so manchen Tagen sind wir dort gesessen. In der Regel, maximal eine Stunde. Hin und wieder kam es an einem Freitag vor, dass es auch mal zwei Stunden wurden. Bei den Wirtsleuten zählten wir schon zu ihren Stammgästen. Einen Mitarbeiter hatten wir in unserer Gruppe, der wohl des Öfteren in einer Bar verkehrte. Jedenfalls kannte er das Getränk, das uns die Wirtsleute anboten. Ich kannte es nicht. Es war >Sangrita Tabasko<, ein mexikanisches Getränk. Mir ist die Luft weggeblieben. Es wurde aber ein gemütlicher Abend. Wenn unser Chef am Freitag so gegen 18:00 oder 19:00 Uhr von seiner Tour kam und er auf dem Betriebsgelände noch unsere Fahrzeuge stehen sah, dann wusste er, wo wir sind. Gerne setzte er sich zu uns und trank ein Gläschen Orangensaft mit. Unser Chef rauchte zwar wie ein Schlot, 60 Zigaretten am Tag, wovon jedoch ein Großteil von alleine verglühte. Alkohol hingegen war tabu. Er bot jedem von uns DM 1.000,00, wenn es einer schafft, ihn beim Genuss von Alkohol zu sehen. Wir saßen also in gemütlicher Runde, als nach wenigen Minuten seines Eintreffens, die Tür aufging und seine Frau ebenfalls erschien. Dem war aber noch nicht genug. Es verging eine weitere halbe Stunde und unsere beiden Vertreter standen ebenfalls vor unserem Tisch. „Das kann ja heiter werden“, dachte ich mir und ich sollte recht behalten. Spontan, wie er war, sagte er auf einmal: „Kommt, heute gehen wir turnen.“ Dieses sagte er auch immer, wenn er mit den Einkäufern der Supermärkte loszog. Sicherheitshalber bin ich noch einmal ins Büro gegangen und habe mir DM 300,00 aus der Kasse geholt. Wir setzten uns also in unsere Fahrzeuge und ab ging die Fahrt nach Dortmund. Es waren ja nur 25 km. Von seinem Autotelefon aus ließ er für uns einen Tisch reservieren. Es war ein Etablissement, wie ich es in meinem Leben noch nicht gesehen hatte. In gelockerter Runde saßen wir nun dort und ich ließ alles an mir vorüberziehen. Alkoholische Getränke haben wir kaum zu uns genommen. Wenn ich mich heute noch richtig daran erinnere, hielten wir uns in diesem Nachtlokal gute zwei Stunden auf. Dann sagte der Chef: „Ich lade euch ein, wir fahren jetzt zu mir nach Ergste.“ Alle standen auf und gingen zu ihren Fahrzeugen. Dass ich mir noch vorher DM 300,00 aus der Kasse geholt hatte, wusste er. Zu mir sagte er: „Wir gehen schon mal, bezahlen Sie die Rechnung.“ Das dass, was jetzt kam, ein abgekartetes Spiel war, wusste ich nicht. Auch mein Chef verließ diese Bar und gab beim Hinausgehen dem Ober den Hinweis, dass ich die Rechnung bezahle. Der Oberkellner kam und legte mir die Rechnung vor. Ich nahm sie von seinem Tablett und schaute sie mir an. Das war der Moment, worauf alle, versteckt in der einen oder anderen Nische, gewartet hatten. Ich stand nun da, wie ein durchnässter Pudel und musste dem guten Mann sagen: „So viel Geld habe ich nicht bei mir.“

Es waren weit über 600,00 DM. Nun schaute ich, wo mein Chef geblieben war. Ich brauchte doch noch Geld. Es war aber niemand zu sehen. Ich wollte hinausgehen und meinen Chef holen. Das ließ der Ober aber nicht zu. „Dann hauen Sie mir ab“, sagte er und so trieb er mich in die Enge. Nach einer gewissen Zeit tauchte dann plötzlich mein Chef und mit ihm auch alle Anderen auf. In diesem Augenblick merkte ich dann, man hat mich reingelegt und alle hatten ihren Spaß. Eine besondere Genugtuung war es für die Frau des Chefs. Mit ihr hatte ich oft Zoff. Anschließend fuhren wir nach Ergste und machten dort weiter.

 

ENDE