Ostpreußen die Stätte meiner Geburt

ein Reisebericht

Ende des Jahres 2010 ermunterte mich ein Werbeprospekt, noch einmal die Jugend und Geburtsstätte meines Vaters, sowie auch meiner Kindheit, aufzusuchen. Die politische Wende hatte es ja vor einigen Jahren wieder ermöglicht. Ich buchte also bei diesem Reisebüro eine solche. Zunächst einmal überwog die Vorfreude und ich fieberte diesem Ereignis entgegen. Meine Reise begann am 31. Mai und endete am 6. Juni 2011. Treffpunkt für die ab Hamburg Reisenden war der Zentrale-Omnibusbahnhof (ZOB). Neun Personen waren dort zur Abfahrt (10°° Uhr) erschienen. Zwei Taxen aus Lübeck holten uns ab. Von Hamburg chauffierte uns der Wagen zur Raststätte Fuchsberg auf der Autobahn A20. Dort warteten wir auf unseren Bus, der aus Neumünster kam, und dann für den weiteren Reiseverlauf unser Gefährt sein sollte. Mit ihm fuhren wir, es waren 29 Personen, nach Rostock zum Hafen und dort gegen 17°° Uhr auf eine Fähre der Finnlines. Jeder bekam seine Kabine zugewiesen.

 

Danzig unsere erste Station

Mit dem Schiff ging es zunächst nach Gdynia. Dort verließ unser Bus am anderen Morgen wieder das Schiff und fuhr in Richtung Danzig. Eine Stadtbesichtigung stand an. Es war der erste Programmpunkt unserer Reise. Danzig hat eine tausendjährige Geschichte. Viele Gebäude und Denkmäler sind im Gotik- Barock- und Renaissancestil. Ja, Danzig ist schon eine Reise wert. Nicht ohne Grund legen hier so viele Kreuzfahrtschiffe an. Unser Weg führte uns von der grünen Brücke zum Flussuferkanal, wo sich auch das berühmte Kranentor befindet. Wir sahen: das goldene Tor, das Rathaus, den Neptun Brunnen, Giebelbauten aus der Hansezeit und vieles mehr. Diese Stadtbesichtigung war schon beeindruckend.

Königsberg heute und gestern

Anschließend fuhren wir in Richtung Königsberg und passierten die polnisch russische Grenze. Auf der russischen Seite erwartete uns bereits unsere Reiseleiterin. Sie stellte sich mit dem Namen „Anna“ vor und begleitete uns in den vier folgenden Tagen. Nach einer halben Stunde waren alle Formalitäten erledigt und unsere Reise wurde fortgesetzt. Gegen achtzehn Uhr erreichten wir Königsberg und somit auch das Hotel, in dem wir für vier Übernachtungen untergebracht waren. Es war ein sehr schönes Hotel; alle Mitreisenden waren zufrieden. Königsberg ist heute eine Stadt mit über fünfhunderttausend Einwohnern. Der folgende Tag war auch ihr vorbehalten. Wir sahen Licht und Schatten, es überwog aber das Positive. Viel haben wir gesehen: das Grab von Emmanuel Kant, das Brandenburger Tor, die Kronprinzenfestung, den Dom und die Hochzeitsbrücke mit den tausend Schlössern. Es ist ein alter Brauch, dass zum Zeichen der ewigen Liebe, ein Schloss ans Brückengeländer befestigt und der Schlüssel dann anschließend in den Fluss geworfen wird. Mein Augenmerk legte ich aber auf den Bahnhof. Hatte ich ihn doch noch mit seinen drei großen Hallen, welche die Bahnsteige überspannten, in bester Erinnerung! Ja, ich habe ihn in einer Schönheit gesehen, die mich sprachlos machte. Durch den Krieg war er fast völlig zerstört. Heute: die Bahnhofshalle, der lange Durchgang zu den Bahnsteigen, alles mit bestem Marmor getäfelt. Die große Bahnhofshalle wurde von zwei riesigen Kronleuchtern geschmückt. Ich war erstaunt, ihn so wiederzusehen.

Unser Hotel und der Königsberger Hauptbahnhof

Königsberger Dom und Herzog Albrecht Denkmal

Unsere Stadt- und Hafenrundfahrt

Labiau, Groß Friedrichsdorf, Heinrichswalde und Tilsit

Der nächste Tag führte uns nun in die Regionen der Jugend meines Vaters und meiner Kindheit bis zu meinem sechsten Lebensjahr. Von Königsberg führte uns der Weg durch eine unberührte Landschaft. In Labiau wurde eine Fotopause eingelegt. Dieser Ort ist mir nur durch den Roman meines Vaters „Ihr Lied“ bekannt. Die nächsten Orte waren Groß-Friedrichsdorf und vor allem Heinrichswalde. Den Geburtsort und die Orte der Jugend meines Vaters „Neufelde und Oschke“ haben wir leider nicht gesehen. Sie lagen zu sehr abseits unserer Strecke. Mein zwischen den beiden Orten liegender Geburtsort Klemenswalde, so sagte mir die Reiseleiterin, ist kriegsbedingt auch von der Landkarte verschwunden. Wir machten also Station in Heinrichswalde, etwa fünf bis zehn Kilometer von meinem Geburtsort entfernt. Auch hier konnte man heute noch die Spuren des Krieges sehen. Gut erhalten ist die Kirche von Heinrichswalde. Viele andere Bauwerke wurden neu errichtet. Wie es nun einmal bei solchen Reisen üblich ist, auf die Wünsche einzelner Personen kann keine Rücksicht genommen werden. Es ging also weiter in Richtung Tilsit und Ragnit.

Zur Mittagszeit erreichten wir Tilsit. Im Restaurant eines guten Hotels, dass uns auch als das Beste der Stadt gepriesen wurde, nahmen wir unsere Mahlzeit ein. Vor dem Hotel war ein großer Platz mit einem Denkmal und etwas seitlich, am Rande des Platzes stand ein in Bronze gegossener, lebensgroßer Elch. Nach dem Essen bummelten wir durch die Stadt. Auch Tilsit wurde nicht vom Kriege verschont, es war bis zu 80 Prozent zerstört und konnte nur langsam wieder aufgebaut werden. Besonders beeindruckt waren wir von der altehrwürdigen Luisenbrücke, die den Memelstrom überquert, und die Grenze zu Litauen in der Mitte des Stromes darstellt. Die Brücke wurde 1907 eingeweiht.

Unser Tagesausflug endete in Ragnit. Vor der Ruine der Ordensburg machte unser Bus eine Fotopause. Hiernach fuhren wir zurück zu unserem Hotel nach Königsberg.

 

Hier in Labiau hatten wir nur einen Fotostopp.

Die unteren Bilder zeigen den Ortskern.

 

 

Linkes Bild zeigt den Ortseingang von Groß Friedrichsdorf.

 

 

Heinrichswalde mit der im Hintergrund zu sehenden Kirche

Tilsit die frühere Kreisstadt:

Der Elch, das Wahrzeichen dieser Gegend.

Die unteren Bilder:

Die Luisen Brücke von 1907.

Die Innenstadt in Richtung Luisen Brücke.

Dem Soldaten wurde ein Denkmal

gesetzt. Er rettete im Krieg viele Kinder. 

 

 

Das Hotel, in dem wir unsere Mahlzeit eingenommen haben.

Im Vordergrund das Lenin Denkmal.

Die Ordensburg, oder was von ihr übrig geblieben ist.

Unten Turm und Eingang.

 

Die Kurische Nehrung

Der dritte und letzte Tag führte uns auf die Kurische Nehrung. Es ist eine traumhaft schöne Landschaft. In Rossitten machte unser Bus zum ersten Mal halt. Wir besichtigten die dortige Vogelwarte. Es soll die älteste Vogelwarte der Welt sein, die wissenschaftlich betrieben wird. Dort mit riesigen Netzen eingefangene Vögel werden beringt, gewogen, untersucht und dann wieder in die Freiheit entlassen. So erhaltene Daten werden gespeichert und einer zentralen Stelle gemeldet. Die uns hier gewährte Führung war sehr beeindruckend.

 

 

Die Vogelwarte in Rossitten.

Unten:

Neben dem Leiter der Vogelwarte steht unsere Reiseleiterin

Noch ganz befangen vom soeben Gesehenen, fuhren wir weiter und erreichten die hohe Düne.

Es war die Mittagszeit. Der Busfahrer hatte einiges vorbereitet. Es gab heiße Würstchen und Kaffee. Wer wollte, konnte sich auch eine Flasche Wasser kaufen. Nun hatte man die Möglichkeit, in zwei Richtungen zu wandern. Ich habe mich zuerst für den Weg zur hohen Düne entschieden. Sie ist 56 Meter hoch. Man hält es kaum für möglich, welche Kraftanstrengung man benötigt, um diese Höhe zu erreichen. Die Entschädigung erhält jeder Wanderer, wenn er die obere Plattform, also den Aussichtsturm erklommen hat und die wunderschöne Sicht auf das kurische Haff genießt.

Der kleinere Weg, also der zur anderen Seite gibt dem Wanderer die Sicht auf die Ostsee. Er ist gut begehbar und kann mühelos erreicht werden. Nach zwei Stunden, es waren wunderschöne Stunden, haben wir die Kurischen Nehrung wieder verlassen.

 

 

Ein Blick vom Aussichtsturm der hohen Düne auf das Kurische Haff.

Anstieg zur hohen Düne

Das Kurbad Rauschen

Der nächste Ort war Cranz. Leider konnte wegen vieler Bauarbeiten der Bus dort nicht parken. Den Ort konnte ein jeder nur durch das Busfenster sehen. Hiernach erreichten wir das Kurbad Rauschen. Um diesen kleinen Kurort kennenzulernen, war eine Pause von zwei Stunden eingeplant. Rauschen liegt an einer Steilküste. Um an die See zu gelangen, musste man einen sehr steilen Weg hinunter gehen. Mit einer Gondel konnte man hinunter und wieder hinauffahren. Rauschen ist ein schöner kleiner und auch schmucker Kurort. Es hat uns dort gefallen. Auf den Gehsteigen hatten viele Händler ihre Stände aufgebaut und boten Bernsteinschmuck an. Danach ging es dann wieder zurück zu unserem Hotel. Zum Abendessen sollten wir wieder in Königsberg sein

Bad Rauschen mit seiner Steilküste.

Unten:

Beginn der Kurpromenade.

Die Straße führt zur Steilküste.

Mit der Gondel geht es wieder hinauf.

Die Talstation mit Ausblick auf die See.

Marktstände auf der Hauptstraße

Der letzte Abend in Königsberg

Es nahte nun das Ende dieser wunderschönen Reise. Den letzten Abend in Königsberg beendeten wir mit einem guten Glas Wein. Anna kam noch einmal an unseren Tisch, setzte sich zu uns und bedankte sich, was wir in gleicher Herzlichkeit nur zurückgeben konnten. Mit ihrer Leistung waren alle außerordentlich zufrieden.

Der nächste Morgen war gekommen, wir nahmen Abschied von Königsberg. Anna begleitete noch den Bus bis zur russisch – polnischen Grenze, um bei eventuellen Schwierigkeiten uns zur Seite zu stehen. Auf russischer Seite gab es keinerlei Beanstandungen. Die polnische Seite dagegen war sehr kleinlich. Sie behelligten die Reisegruppe zwar nicht, aber der Fahrer wurde hin und her gescheucht. Sie wollten sogar wissen, wie viel Diesel er im Tank habe. Über eineinhalb Stunden hatten wir Aufenthalt, dann ging die Fahrt weiter.

 

 

 

Dieses Bild bekamen wir in Ostpreußen sehr oft zu sehen.

Abschied von Königsberg

Am Frischen Haff entlang führte unser Weg, vorbei an Heiligenbeil und Elbing. Danach durchfuhren wir das Weichseldelta, direkt in Richtung Danzig und dort wieder auf die Fähre der Finnlines. Wie bei der Hinfahrt bekam jeder seine Kabine zugewiesen und konnte sich frisch machen. Nach dem Abendessen saßen wir noch in der Lounge und schauten hinaus aufs Meer.

Der letzte Tag, wir schrieben den 6. Juni 2011. Gut gefrühstückt begab sich die Reisegruppe nun zum Bus. Vom Busfahrer war schon alles gerichtet, die Fähre hatte inzwischen wieder in Rostock angelegt. Wir stiegen in unseren Bus und die Fahrt ging wieder in Richtung Hamburg. Auf einem Parkplatz der A20 setzte uns der Busfahrer wieder ab. Dort sollten uns zwei Taxen zur Weiterfahrt nach Hamburg abholen. Der Bus fuhr in Richtung Neumünster weiter. Es kam aber nur eine Großtaxe. Diese wiederum durfte nur acht Personen befördern. Unsere Gruppe zählte jedoch neun Personen, also eine Person zu viel. Es musste ein zweiter Wagen angefordert werden. Wir entschieden uns, auf das nächste Fahrzeug zu warten. Es sollte nicht unser Nachteil sein. Der zweite Wagen kam zwar mit Verspätung, er brachte aber dafür jeden bis vor die Haustür. Ich war wieder zu Hause und hatte eine schöne Reise hinter mir.

 

ENDE